DCI 2005


Vier Jahre sind genug! Mein letzter Besuch bei einem DCI Finale lag vier Jahre zurück (Buffalo, NY, 2001) und deshalb war es höchste Zeit, einen Flug in die USA zu buchen, um die heiße letzte Woche vor dem DCI-Finale in Boston, MA, mitzuerleben.

Das A und O bei einem solchen Trip ist es natürlich, die Drum Corps ausgiebig beim Training zu beobachten, mit Spielern und Ausbildern ins Gespräch zu kommen und auf diese Weise mehr über das jeweilige Programm zu erfahren und natürlich sich die Musik einzuprägen. Denn was nutzt es einem, wenn man zwölf oder mehr Corps an sich vorbeirauschen sieht, und am Ende nichts mehr in der Erinnerung hängen bleibt.

Besonders gut hat es dieses Jahr mit Blue Devils geklappt, war dieses DCI-Top-Corps doch in dieser Saison für eine dreiwöchige Tour in Europa. In Belgien konnte ich mir die diesjährige Showmusik aufnehmen und bis zur Final-Woche komplett auswendig lernen. Wenn man dann ins Training kommt und die Musik mitsummt, kann man sich auf so viel mehr Details achten... man weiß, wann was in der Show kommt und genießt die Änderungen, die das Corps im Laufe der letzten Wochen eingearbeitet hat, um die Show verständlicher und harmonischer zu machen.

So begaben wir uns dann auch am Dienstagabend zum Blue Devils Training. Es lag wohl auch mit daran, dass ich die Musik bereits kannte und seit jeher ein Blue Devils Fan bin... die Show war und blieb meine Lieblingsshow 2005. Einzig die durch die Verstärker zu laute Pit störte ein wenig... ich hatte bis zum Finale das Gefühl, dass in der Pit etwas übersteuert wird. Die Tatsache, dass in die Show ein Erzähler eingebaut wurde (was in den USA für äußerst unterschiedliche Reaktionen gesorgt hat), passt im übrigen zum Showkonzept und gefiel mir (trotz meiner generellen Abneigung gegen Verstärker/Elektronik bei Drum Corps) recht gut. Ansonsten gilt: 10 Guard weniger und dafür 10 Brass mehr hätten der Show wirklich gut getan. 

Mittwoch war I&E-Tag. Der Tag war zwar um einiges langweiliger, als ich im Vorfeld dachte. Es hat sich aber gegen späten Nachmittag doch gelohnt, dort gewesen zu sein. Ein phantastisches Cavaliers Percussion-Ensemble, der dritte Titel hintereinander für Tim Jackson (Blue Devils Tenor) und ein herausragender Snare Gewinner (Casey Brohard, Blue Devils) entschädigten für die ansonsten ziemlich lahme Veranstaltung. Abends ging es dann noch einmal ins Blue Devils Training.Es gab einen super-coolen Run-Through, den ich mir ziemlich genau auf der 50 und etwa 10 Schritte vor dem Feld angeschaut habe... wow, was für ein Sound!

Donnerstag machte ich einen Abstecher zu den in dieser Saison außergewöhnlich starken Blue Coats. Eine tolle Show auf hohem Niveau... sehr unterhaltsam! Anschließend verpasste ich gemeinsam mit meinem Bruder Andreas (Glassmen 1999) zuerst das Glassmen-Training, dann fanden wir The Cadets nicht und schließlich schauten wir noch den Cavaliers Bussen bei der Abfahrt zu den Quarter-Finals zu.

Apropos Quarter Finals. An diesem Abend ist natürlich der Parking-Lot "the place to be". Ich entschied mich für das Blue Devils Warm-up und wurde mit dem kompletten Percussion Show-Programm, dem Field Warm up und einer super groovigen Percussion Cadence belohnt! Anschließend ging es ins Stadion um die Top 5 Corps zu sehen.

Freitag hieß es dann: Cavaliers Time! Nachdem wir uns in der prallen Sonne einen Turbo-Sonnenbrand geholt hatten, konnten wir zum Abschluss des Tages einen klasse Run-Through genehmigen. Vom Unterhaltungswert kam die Show lange nicht an die 2004 "007"-Show heran - vor allem beim Percussion-Feature. Aber wie so oft... wenn man nah genug dran steht und die Show oft genug sieht, fallen einem immer mehr krasse Sachen auf, die die Show dann doch zu einem echten Hingucker machen. Abends Semi-Finale - ohne besonderen Vorkommnisse. Hervorzuheben sind allerdings die Carolina Crown Show (einfach wunderschön) und Phantom Regiment (das lauteste Brass und das coolste Contra-Feature!).

Samstag - Final-Tag! Morgens einen Abstecher zu Cavaliers, Percussion Training anschauen und genießen. Außerdem ein paar coole Leute kennenlernen, wie den Präsidenten von INNOVATIVE PERCUSSION und Cavaliers Pit-Chef Eric Johnson. Oder Bret Kuhn, Cavaliers Percussion Arrangeur und Drum Corps-Legende (der sich total gefreut hat, als ich ihm die Signature Sticks gezeigt habe, mit denen ich spiele, nämlich die FS-BK). Die Mittagpause nutzte ich, um ein letztes Mal das Trainingsfeld zu wechseln... Abschlusstraining bei Blue Devils.

Abends wurde es dann nicht mehr spannend. Die Plätze waren schon in den Tagen zuvor vergeben, die Punkteabstände waren zu groß für etwaige Überraschungen. Einzig die hohe Punktzahl von The Cadets mit 99,15 Punkten sorgte für ein Raunen im Publikum. Die Show? Perfekt und irgendwie steril. Funken sind bei mir jedenfalls nicht übergesprungen. Klar - Percussion super cool und super sauber. Visuell super schnell und super sauber. Aber eine Show bei der mein Körper nicht mitswingt... irgendwie steril.

Wenn man dann kurz nach dem Finale über den Parkplatz zurück zum Auto läuft und die ganzen Kids mit ihren Koffern sieht, kann man gar nicht glauben, dass man eben noch die besten Drum Corps der Welt gesehen hat, die jetzt, wenige Stunden nach dem Höhepunkt der Saison schon nicht mehr spielfähig sind...

Wir haben übrigens DCI noch ein Schnäppchen geschlagen... statt für die drei Tage 75 Dollar (in Worten: fünfundsiebzig!!!) Parkgebühren auszugeben, haben wir mit ein wenig Laufbereitschaft "nur" 25 Dollar ausgegeben. Wir fanden, dass die Karten für Quarter, Semi und Finale teuer genug waren :-)

 


© Michael Ruthardt 2005